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Franz Dinhobl – Berührungsängste oder, wie Männer sich begegnen

Franz Dinhobl

„Ein Kuss ist eine Sache, für die man beide Hände braucht.“ – Mark Twain

Vor einigen Jahren las ich von einer Studie, die den täglichen Körperkontakt zwischen Männern erforschte, mit dem Aspekt, des kulturellen Unterschiedes. Es ging bei der Studie um alle Formen des Körperkontakts, von Berührung bis zum Kuss, vom Händchenhalten bis zum Schulterklopfen. Es wurden alle möglichen Bereiche des Lebens, von der Begrüßung, im Gespräch, bei der Arbeit, im Café, beim Sport beobachtet und analysiert. Das Ergebnis war erstaunlich, denn die Unterschiede waren beachtlich:

Im arabisch/afrikanischen Maghreb lag die Berührungsquote bei 112 Mal pro Tag, am anderen Ende der Skala lag der angelsächsische Raum mit einer Quote von 1,2 Mal Körperkontakt pro Tag.

Mich erinnerte das an eine Zeit, es waren die frühen 1980er Jahre, in meinem Heranwachsen, als wir in meinem Freundeskreis beschlossen, uns männlich zu emanzipieren. Wir verließen die Kameradschaftskultur, mit ihrer Härte, dem kräftigen Händedruck und dem Schlag auf die Schulter. Die neue Begegnungsformen waren Umarmung und Bussi. Wir taten das auch im Wissen der vielerorts noch verbreitet vorherrschenden Homophobie und setzten damit ein Statement gegen Schwulenfeindlichkeit. Leicht war es nicht und leicht fiel es uns nicht, weil wir ja noch immer die Distanz der Armlänge gewohnt waren. Nähe zuzulassen, sie zu zeigen und zu leben war damals noch ungewohnt und irritierte (nun das bezweckten wir ja auch). Wir galten in unserer Umgebung als männliche Emanzen, als „Emanzeriche“ (, was für ein Unwort).

Heute, dreißig Jahre später, beobachte ich, wie leicht und selbstverständlich die gelebte Nähe unter Männern geworden ist. Zwar gilt noch immer das Händeschütteln als die gängigste Begrüßung, wenn aber Bekanntschaft mit Sympathie und Nähe in Freundschaft wechselt, ist die Körperlichkeit eine andere. Umarmung und Bussi sind zur Selbstverständlichkeit geworden. Was als Ausbruch aus den starren Benimmregeln einer noch nicht flexiblen Gesellschaft begann, ist mittlerweile in meinem Leben zum Standard männlicher Begegnung geworden. Ich glaube daran, dass ein solches Verhalten, eine solche Kultur auch zum Frieden und zur Gewaltfreiheit beiträgt! Männer, die sich umarmen, kämpfen nicht mehr miteinander. Und wenn ich mich so umschaue, den politischen Diskurs verfolge, die Empörungsdialoge in den sozialen Netzwerken lesen, wenn ich von Hasspostings höre und von häuslicher Gewalt, dann lässt es den Schluss „es wird zu wenig geküsst“ zu!

In diesem Sinne seid umarmt und fühlt euch geküsst von mir!

Interview mit Franz Dinhobl, © Christopher Kelemen

Franz Dinhobl

Franz Dinhobl wurde 1963 geboren und ist seit 2003 geschäftsführender Gesellschafter, Unternehmens- und Prozessberater sowie Coach bei KICK OFF Management Consulting GmbH.

Mein Lebensmotto…

Jede Situation hat zwei Seiten und beide sind gleichwertig.

Urlaub im In- oder Ausland… Sowohl als auch.

Mein liebstes Urlaubsziel…

Hamburg.

Darauf achte ich besonders in einem Hotel…

Atmosphäre, Freundlichkeit der Mitarbeiter, zentrale Lage und gutes Frühstück.

Weiterbildung bedeutet für mich…

Pure Energie fürs Leben.

Mein nächstes Buch widmet sich dem Thema… Ein Handbuch für Manager zum Thema innogrative Transformation.

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