seminargo Kolumne, Michl’s Corner, Wie gescheit ist der Hausverstand wirklich?

Wie gescheit ist der Hausverstand wirklich?

„Nichts ist so gerecht verteilt, wie der gesunde Menschenverstand, niemand glaubt mehr davon zu brauchen, als er hat.“ Rene Decartes

Ob beim Billa, im Kabarett oder bei der Politik, gern wird er zitiert, der Hausverstand oder „gesunder“ Menschverstand, als Garant für das einzig Richtige, die absolute Wahrheit, oder das untrügerisch Vernünftige, die Weisheit des kleinen Mannes, der kleinen Frau. Der Hausverstand steht für eine einfache Logik, die sich an der Praxis und der Machbarkeit im Alltag orientiert und nicht aus dem Labor der Theoretiker oder den Amtsstuben der Beamten kommt.

Der Hausverstand ist erfahrungsbezogen, leicht anwendbar und simpel, er ist nicht akademisch, nicht wissenschaftlich, nicht differenziert. In einer immer komplexer werdenden Welt, in einer immer diverseren Gesellschaft, wird der Hausverstand aber dafür verwendet, einfache Antworten zu geben.

Er wird als allgemein gültiger Begriff herangezogen und gilt als universelle Messlatte, als Kritik an weltfremden Verhalten. Genau hier beginnt aber das Problem mit dem Hausverstand, weil das Wort, der Begriff, sich aus zwei Dimensionen zusammensetzt. Dem Haus und dem Verstand.

Wenn wir uns die Definition des Begriffes Verstand ansehen, so wird er beschrieben als die Fähigkeit, subjektive Empfindung in objektive Vorstellung zu verwandeln. Was jedoch ist eine objektive Vorstellung?

Zurückkommend zu dem zweiten Wortteil, Haus, so ist damit wohl gemeint die Herkunft, das Milieu, der Lebensraum. Diese bestimmt aber natürlich ganz wesentlich die objektive Vorstellung. In Ländern wie Japan und Korea ist das Tragen eines Mundnasenschutzes im Winter zur Vermeidung von gegenseitiger Ansteckung seit vielen Jahren gelebte Praxis, Teil der Kultur und objektive Vorstellung. Das Verhalten ist kulturell bedingt und gesellschaftlich geprägt. Der japanische Hausverstand spricht deutlich eine andere Sprache, übersetzt in eine andere objektive Vorstellung, als in anderen Teilen der westlichen Welt.

An diesem Beispiel wird die Grenze des Hausverstandes deutlich. Er gilt nämlich nur in meiner Welt, mit meinen Gesetzen, Regeln und Annahmen und die können bei meinem Nachbarn schon ganz anders sein.

Der eine Hausverstand kauft als Lösung für die Klimakrise ein Elektroauto, der andere Hausverstand fährt Fahrrad. Wenn der Wurstfabrikant und ehemalige Präsident des FC. Bayern meint, dass Veganer, wegen ihrer Ernährung auf Dauer krank werden, so hat sein Hausverstand, in seiner Welt natürlich recht, in einer anderen Welt ist das natürlich Quatsch.

Ich wünsch jedem Hausverstand ab zu etwas Bildungskarenz, mal über den Tellerrand schauen, ein Buch lesen, andere Meinungen hören, sich zu hinterfragen, kritisch zu sein und vor allem …. sich nicht so wichtig zu nehmen.

Euer Michl Schwind


Kurzbiografie Sandra Gneist

Geb.:  09.10.1977

Ausbildungen und Qualifikationen:

  • Dipl. Tourismuskauffrau
  • MBA für Prozessmanagement und Beratung
  • Systemischer Coach und Supervisor
  • ROMPC® Coach
  • Organisationsentwicklerin
  • Open Space Beta® Practitioner

Nach 20 Jahren in der Hotellerie lasse ich seit 2016 meine Leidenschaft und meine persönlichen Erfahrungen in meine Arbeit als Beraterin und Coach einfließen. Meine Reise hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, die eigene Einzigartigkeit anzuerkennen und authentisch zu leben.